Liebe Genossinnen und Genossen,
nach unserer Videokonferenz am 30.09.2021 haben die Initiativgruppe unterschiedliche Stimmungen dazu erreicht. Zunächst hat keiner der Teilnehmer:innen signalisiert, kein Interesse mehr am Projekt zu haben. Das ist erfreulich. Einige haben sich mit Ergänzungen zum Text zurück gemeldet. Hier und dort wird schon erfolgreich nach weiteren Mitstreiter:innnen gesucht. Anderseits gibt es Fragen, Skepsis, Bedenken, Abwarten.
Soweit, so normal die Reaktionen. Es kann nach der Versendung eines Papiers, einer Videokonferenz zwischen zum Teil sich gar nicht vertrauten Menschen und geringer Zeit zur Verständigung, gar keine andere Situation existieren.
Eine wichtige Botschaft der Konferenz war daher, wir brauchen Zeit, wir brauchen Diskurs und Debatte, wir brauchen weitere Mitstreiter:innen und müssen Vertrauen aufbauen. Das scheint mir nach dem ersten Kontakt möglich zu sein. Für eine erfolgreiche Aufstellung benötigen wir jedoch die erforderlichen Zeit-Räume. Zugleich ist der, in dem wir uns bewegen, nicht luftleer.
Zur aktuellen Situation:
Die Debatte zur Bundestagswahl und dem Ergebnis der Partei hat Fahrt aufgenommen. Es gibt viele Analysen. Zwei interessante davon hier:
In der Bundestagsfraktion finden erste Auseinandersetzungen zur weiteren Aufstellung statt. Die meisten drehen sich um Personalfragen und dabei vor allem um die zukünftige Rolle von Sahra Wagenknecht. Die wiederum wiederholt konstant ihre bisherigen Positionen:
Und ist daher auch weiterhin der zentrale Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzungen in Partei und Fraktion:
Der Parteivorstand hat debattiert und erste Einschätzungen vorgenommen
In den sozialen Medien wird miteinander gestritten. Zurückhaltend sind die Gremien der Landesverbände und kaum zu vernehmen.
Nur selten gibt es strategische Ansätze dafür, mal über den eigenen Tellerrand zu schauen:
Unter dem Strich müssten die von Horts Kahrs (siehe Link zum nd) aufgeworfenen strategischen Fragen den Kern der Debatte bilden:
„Zu den Fehlern und Versäumnisse zählt zweifellos, dass die Partei kein strategisches Ziel und kein Selbstverständnis entwickelte, als der Wählerzustrom von der Sozialdemokratie versiegt war. Welche Gerechtigkeitsvorstellungen, welche gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen tragen den demokratischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts? Mit welchem demokratischen Staatsverständnis geht die Partei in den Konkurrenzkampf innerhalb des demokratischen Parteienlagers? Was sollten angesichts der sozial-ökologischen und digitalen Transformation die Grundlagen des Sozialstaates, seiner Finanzierung, einer politischen Ökonomie der Arbeitskraft sein? Wie sehen demokratische Sozialistinnen die Rolle Deutschlands in der Welt? Wie kann internationale Kooperation bei den großen planetarischen Fragen möglich werden? Wen will die Linke erreichen und vertreten?“
Zu unserem Papier:
Zunächst soll hier erneut festgehalten werden, dass es sich um ein Papier zur Selbstverständigung handelt, das bisher nicht für eine öffentliche Positionierung gedacht ist. Diese kann erst am Ende des Selbstverständigungsprozesses in einem dann größeren Kreis abschließend beschlossen werden.
Es kann jedoch festgestellt werden, das es versucht die oben genannten Fragen zu thematisieren, unsere Positionen dazu zu erfassen und könnte also ein erfolgversprechender Ansatz für die Debatte der kommenden Jahre sein. Es gab dazu wenig Widerspruch und einigen Zuspruch. Auch Änderungs- und Ergänzungswünsche sind eingetroffen. Vier Aspekte (Emanzipation, Anerkennung demokratisch begründeter Institutionen, Aufgabe von Grundsätzen der Partei, Gebrauchswert, Selbstorganisation, Selbstverwaltung und Kooperation) sind in einem überarbeiten Entwurf eingearbeitet (siehe Anlage – Änderungen und Ergänzungen sind kursiv gekennzeichnet) und sollten auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. Das Debattenpapier sollte, da es schon jetzt von Einigen als zu komplex und kompliziert angesehen wird, auf diese strategischen Debatten begrenzt bleiben.
In der Debatte wurden aber darüber hinaus viele Vorschläge oder Fragen zu bisher nicht aufgegriffenen Themen vorgebracht. Darunter vor allem:
- zur Kommunalpolitik, (Gregor M., Jörg, Michael)
- zum Thema Betriebe und Arbeit, Strukturwandel, (Dominike, Thomas H., Anny, Daniel)
- zum Antifaschismus (Henriette)
- zur Außenpolitik und dem Thema Krieg und Frieden (Thomas N.)
- Demokratie, Europa und EU (Thomas H., Thomas N., Sebastian)
Der Wunsch ist das Diskussionsangebot mit eigenständigen Debattenangeboten zu diesen Themen zu erweitern. Einige liegen schon schriftlich vor (Kommunalpolitik) andere wurden angekündigt (Betriebe und Arbeit). Der konkrete Vorschlag dazu ist, die jeweiligen Themen unter der dem Aspekt der #solidarischen Gesellschaft so weiterzubearbeiten, das sie Debattenvorschläge für eine #programmatischeErneuerung der Partei werden können. Gebraucht werden dazu interessierte Genoss:innen die sich kommunikativ und vermutlich zunächst online zusammenschließen und jemanden der die Federführung übernimmt. Ein Mailverteiler der es euch ermöglicht Kontakt untereinander aufzunehmen, ist euch mit der Mail zugegangen. In der näheren Perspektive benötigen wir dazu Debattenformate und die Einbeziehung weiterer Interessierter.
Zum weiteren Vorgehen:
gab es viele Fragen. Gewünscht wurde ein „operativer Teil“. Gefragt, „wo wollen wir hin?“
Zunächst vielleicht, was wollen wir nicht (was jede/r individuell tut, ist ihre/seine Sache):
- Unproduktive Personaldebatten führen.
- Hausmacht oder Kaderreserve für führende Genos:innen sein.
- An inhaltsleeren machtpolitische Auseinandersetzungen teilnehmen.
- Eine zentralistische Organisation sein.
- Alles so lassen wie es ist.
Was wollen wir:
- Wir haben klare Positionen zu den strategischen Grundfragen der Partei. Unsere Antworten sind eigenständig und werden derzeit nicht organisiert in den innerparteilichen Diskurs eingebracht. Um sie wirksam vertreten zu können, müssen wir Gleichgesinnte sammeln und stabile Austausch- und Debattenzusammenhänge bilden, in der Partei, mit Neumitgliedern, mit SympathisantInnen, die derzeit abseits stehen. Wir wollen unsere Positionen mit immer mehr Menschen in den politischen Auseinandersetzungen vertreten und einbringen. Wir wollen eine Programmdebatte und bis Ende 2023 einen Programmparteitag auf Bundesebene. Vorbereitet in den Basisorganisationen, den Kreisverbänden, den Landesverbänden, der Bundespartei. Wir müssen unsere teilweise Isolation überwinden.
- Wir wollen unsere Grundpositionen auf diverse inhaltliche Themenfelder übertragen und so kompetente, kreative und konzentrierte Vorschläge für eine Programmdiskussion unterbreiten und uns mit der aktuellen Politik in der Gesellschaft auseinandersetzen. Das schließt die aktive Teilnahme an der politischen Willensbildung in der Partei und auf allen ihren Ebenen ein.
- Wir wollen auf diese Weise innerparteilich Kräfte sammeln für einen programmatischen, politischen und organisatorischen Aufbruch hin zu einer demokratischen und #solidarischenLinken, die kompromisslos den politischen und sozialen Menschenrechten verpflichtet ist und sie in den alltäglichen gesellschaftlichen Konflikten vor Ort und mit den vorhandenen Bündnispartner:innen vertritt.
- Die Partei soll sich auf diesem Weg einen glaubwürdigen, für WählerInnen klar erkennbaren und von Aktivisten geschätzten „Gebrauchswert“ bei der Vertretung dieser Rechte und vor allem bei ihrer Durchsetzung in der Gesellschaft, im Parlament, in der Regierung erarbeiten.
Welchen Zeitplan gibt es:
Im Augenblick geht es vor allem um die Frage, ob es gelingt, eine hinreichende Zahl von Mitstreiter:innen in allen Landesverbänden zu finden, die sich mit uns auf den Weg machen wollen. Aller Anfang ist schwer. Aber entweder er beginnt jetzt, nach dieser Wahlniederlage oder es bleibt alles so wie es ist. Ohne bisher nicht absehbare äußere positive Impulse für die Parteientwicklung scheint man das Ergebnis einer solchen Entwicklung klar prognostizieren zu können.
Daher sollten wir es uns zur bis zum Jahresende zur Aufgabe zu machen, auf der Grundlage unserer Positionen und Ziele weitere Mitstreiter:innen in den Landesverbänden zu gewinnen und dort eigene Debattenstrukturen (vielleicht Initiativgruppen?) aufzubauen. Klein aber fein, wäre ein echter Gewinn.
Um uns besser kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen, Erfahrungen auszutauschen, Isolation zu durchbrechen, wäre eine regionale länderübergreifende Vernetzung der jetzt schon bereiten Mitstreiter:innen eine mögliche Aufgabe. Denkbar sind in solchen Runden auch regionale Präsenztreffen, mit weiteren Aktiven oder Multiplikator:innen.
Zu Beginn des kommenden Jahres (Januar oder Februar) sollte ein bundesweites Treffen der Initiativen in den Ländern unsere Grundsätze debattieren und als politische Basis für weitere Vorhaben beschließen. Dort sollte die Forderung nach einer #programmatischenErneuerung der Partei und einem Programmparteitag diskutiert und entschieden werden.
Zugleich sollte in länderübergreifenden und bundesweiten Foren die inhaltliche Arbeit an weiteren Themen und zur Überarbeitung des Programms begonnen werden. Zu welchen Themen und Komplexen sollte auf dem bundesweiten Treffen vereinbart werden. Ziel sollte die Formulierung eigenständiger Anträge zu Programmparteitag sein.
Auf dem bundesweiten Treffen können weitere organisatorische Schritte vorgeschlagen und mit einem entsprechenden Zeitplan vereinbart werden. Im Zentrum sollte dabei die Stärkung der Arbeit in den Landesverbänden und die Vorbereitung des Programmparteitages stehen.
Was müssen wir beachten:
Wir sind keine Partei in der Partei. Wir beteiligen uns organisiert an den Willensbildungsprozessen der Partei und bringen uns dort ein. Als Mitglieder, als Delegierte, als Funktionär:innen.
Wir alle haben mehr zu leisten, als das, was wir uns hier zusätzlich vornehmen. Es gilt „Unmögliches zu leisten, ist niemand verpflichtet“. Aber Verlässlichkeit ist eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. Wer nicht mehr will oder kann, sollte es einfach sagen. Damit ist allen geholfen.
Was aus unserer Initiative wird, welche Form sie annehmen soll, müssen wir gemeinsam entscheiden. Damit es dieses „Wir“ aber real gibt müssen noch ein paar Menschen zu uns stoßen.
Was tun?
Suchen wir gezielt und persönlich nach weiteren Mitstreiter:innen in den LV. Dafür braucht es Zeit, Gespräche und Vertrauen. Zweifellos muss dafür das Papier weitergegeben und die Möglichkeit eingeplant werden, darauf zu reagieren.
Wo es möglich ist, beginnen wir mit dem Aufbau kleiner Debattengruppen. Verständigen uns zu dem Papier, suchen nach weiteren Verbündeten, formulieren unsere eigenen Sorgen zur Lage im Landesverband, zu unseren Vorstellungen über die Partei in Gänze, zu den programmatischen und praktischen Veränderungen die aus eurer Sicht nötig sind.
Dort wo es möglich und gewünscht ist, vernetzt euch regional, zwischen den Landesverbänden. Einige von uns sind bisher ohne Debattenpartner:innen und allein in ihren Landesverbänden. Erfahrungsaustausch kann da helfen.
Wir streben im Oktober eine erneute Videokonferenz an, um den Stand zu besprechen. Wenn eine/r von euch den Draht zu mit oder Sebastian sucht, dann meldet euch ruhig telefonisch. Mitunter können wir sogar beim Suchen nach regionalen Verbündeten weiterhelfen.
Erfahrungen aller Art oder auch kurze Wortmeldungen können hier per Mail in das „Zirkular“ eingebracht werden. Es soll monatlich erstellt werden. Die Redaktion liegt vorerst bei Thomas Nord.
Sollten eure und unsere Bemühungen in den kommenden Wochen erfolgreich sein, werden wir auf dieser Videokonferenz auch die Vorbereitung eines bundesweiten Präsenztreffen im Januar/Februar des nächsten Jahres thematisieren.
Bis dahin besprechen wir auch mit jeweils Interessierten die Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren zur Vorbereitung der programmatischen Debatte und zur Bearbeitung weiterer Themenvorschläge.
Mit solidarischen Grüßen
Eure MitstreiterInnen aus Berlin